Viele Unternehmen haben bereits Mitarbeiter ins Home-Office geschickt. Solange diese „nur“ am Schreibtisch sitzen stellt dies für die Arbeit auch kein wirkliches Hindernis dar und ist grundsätzlich eigentlich zu begrüßen. Jedoch gibt es bei einer solchen „Hals über Kopf“-Aktion wahrscheinlich wieder viele Dinge, an die keiner denkt wenn man Mitarbeiter zum ersten Mal massenweise ins Home-Office schickt. Welche das sein könnten zeige ich in diesem Artikel.
Privatgerät oder Firmen-Notebook?
Grundsätzlich sollte man natürlich weitestgehend davon Abstand nehmen Privatgeräte zu nutzen, sowohl als Arbeitnehmer wie auch als Arbeitgeber aus eigenem Interesse. Hier können sich vor allen Dingen sonst folgende Probleme ergeben:
- Auf dem Gerät sind vermutlich viele private Daten und es gehört halt nicht der Firma. Bei irgendwelchen Unstimmigkeiten oder Problemen hat der Arbeitgeber hier keine Möglichkeit einzugreifen, was auch gut ist. Zwar muss man bei einer Kündigung die vorhandenen Daten des alten Arbeitgebers löschen, aber kontrollieren kann er es nicht. Er kann auch keine vernünftige Löschung der Datenträger vornehmen.
- Was ist bei einem Ausfall des privaten Computers oder Telefons? Tja, Pech für den Arbeitgeber würde ich sagen. Man ist nicht verpflichtet fürs „BYOD“-Home-Office Privatgeräte bereit zu halten oder anzuschaffen um mit diesen arbeiten zu können. Der Arbeitgeber muss einem die Arbeitsmittel zur Verfügung stellen, auch wenn er anordnet, dass man von zu Hause aus arbeiten soll. Ansonsten wäre man wohl besser Freiberufler. Wenn man keinen Internetanschluss hat, müsste er bei angeordnetem Home-Office wohl auch LTE sponsern, ansonsten kann man halt nicht arbeiten.
Sicherheit
- Wie sollen die Nutzer von außen zugreifen? Einfach mal das RDP- oder VNC-Protokoll unter der öffentlichen IP-Adresse mit Weiterleitung zum Terminalserver freischalten, weil es schnell geht, ist eine dumme Idee. So etwas habe ich aber schon mehrmals gesehen. Wenn das Kennwort der Benutzer entsprechend lang und sicher ist, kann man vielleicht noch darüber nachdenken, aber an einem geschützten VPN-Tunnel sollte man definitiv nicht sparen. Wenn keine großartige und kurzfristige Anschaffung getätigt werden soll, wäre vielleicht ein OpenVPN-Server in einer Linux-VM eine verhältnismäßig schnell realisierbare Lösung, der nach der Quarantäne-Zeit auch einfach wieder gemüllt werden könnte. Ansonsten müsste man wohl über Softwarelösungen wie AnyDesk oder TeamViewer nachdenken.
- Tatsächlich ist wohl bereits ein massiver Anstieg von TeamViewer-Verbindungen aus den betroffenen Regionen zu vernehmen, sodass hier zumindest vermutlich aufgrund der Einfachheit des TeamViewers auch eine relativ sichere Verbindungsart zum Einsatz kommt.
Lizenzen
Bezüglich der korrekten Lizenzierung wird in der Not auch schnell vergessen, dass man bestimmte Dinge so eigentlich nicht umsetzen und nutzen kann. Dies betrifft z. B. den Einsatz von Microsoft Office wenn sich Mitarbeiter von ihrem eigenen Computer oder einem schnell besorgten Notebook auf dem Computer oder einem Terminalserver in der Firma aufschalten.
- Beispiel „Microsoft Office“: Sofern nicht Office365 genutzt wird, muss auch der zugreifende Computer über eine gültige Office-Lizenz verfügen bzw. mit dieser ausgestattet werden, auch wenn man Office nur remote über RDP oder bspw. den TeamViewer auf einem Computer nutzt, wo dieses lizenziert ist. Das Problem: Office ist, mit Ausnahme von Office365, immer Device-lizenziert! Hierzu habe ich bereits mal einen ausführlicheren Artikel zur Office-Lizenzierung auf einem Terminalserver geschrieben (allerdings ohne Gewähr, da ich kein Lizenzrechtler bin!). Ähnlich wird es sich bei jeglicher Software verhalten die per Gerät und nicht Benutzer lizenziert ist.
- Außerdem muss man darauf achten, dass man z. B. Freeware die man nur privat nutzen darf, nicht für den AG einsetzen darf. Das heißt, dass eigentlich auch die Gratis-Version von Antivirenprogrammen wie AntiVir nicht laufen darf während man den Computer gewerblich nutzt. Wahrscheinlich ist sie sogar besser gar nicht erst installiert. Gleiches gilt für Kaufprogramme die laut vergünstigter Lizenz nur privat, bspw. „Microsoft Office Home and Student“, oder für Unternehmen bis zu einem geringen Jahresumsatz, bspw. „Microsoft Visual Studio Community“, genutzt werden dürften!
- Auch wenn Programme wie der TeamViewer oder AnyDesk kostenlos funktionieren, zumindest unter bestimmten Voraussetzungen, müssen diese für den gewerblichen Einsatz natürlich gekauft werden!
- AUSNAHME: Mittlerweile dürfen viele eigentlich kommerzielle Tools wie der TeamViewer und Microsoft Teams aufgrund von Corona vorübergehend gratis genutzt werden, auch wenn TeamViewer dies wohl nicht offenkundig bewirbt, zumindest laut diesem Zeitungsartikel
Datenschutz / Rechtliches
- Tja, das Thema Datenschutz ist zwar wieder in Vergessenheit geraten, aber gilt grundsätzlich ja auch voll umfänglich für das Home-Office und die Daten, die dort verarbeitet werden und eventuell für Familienmitglieder sichtbar sind, etc. Je nach Vereinbarungen mit den Mitarbeitern und allen Vorgaben die bzgl. des Umgangs mit Daten existieren, die ja dokumentiert sein müssten, sollte man sich als Arbeitnehmer Ausnahmegenehmigungen schriftlich geben lassen, für Verhalten das gegen die bestehenden Regelungen verstößt. Gibt es bspw. Klauseln die es eigentlich verbieten private Geräte zu nutzen, so muss man sich deren Nutzung schriftlich bestätigen lassen, sollte man z. B. seinen eigenen Computer verwenden. Ansonsten verhält man sich recht schnell eigentlich vertragswidrig, obwohl man nur der Arbeit nachgehen will oder soll.
- Im privaten Umfeld bin ich noch darauf hingewiesen worden, dass Home-Office tatsächlich eigentlich nur mit einer entsprechenden Betriebsvereinbarung rechtlich möglich ist! Andernfalls hat man als Arbeitnehmer wohl weitreichende Ansprüche gegenüber seinem Arbeitgeber, wie eine Beteiligung an den Unkosten (anteilige Übernahme der Miete zumindest für den Büroraum, Strom, Internet, etc.) die man wohl notfalls einklagen kann. Bei den meisten Arbeitnehmern ist also Home-Office vermutlich rechtlich derzeit eigentlich gar nicht möglich und findet ohne eine entsprechende Vereinbarung momentan, auch wenn es nur ausnahmsweise ist, eher in einer grenzwertigen Grauzone statt.
Arbeitssicherheit
- Theoretisch gelten fürs Home-Office auch die Regelungen bzgl. der Arbeitssicherheit. Hier kenne ich mich aber auch nicht wirklich aus. Die Frage ist aber, was passiert eigentlich haftungstechnisch wenn man sich während der Arbeitszeit zuhause übel aufs Maul legt, weil man z. B. während des Telefonats mit einem Kunden herumläuft und über den im Weg stehenden Wäschekorb gestolpert ist? Ist dies nun ein Arbeitsunfall?
Fazit
Ich vermute an viele Dinge werden die wenigsten Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der dieser Sondersituation denken, was verständlich aber trotzdem eigentlich nicht in Ordnung ist. Was fällt euch noch so ein?
Disclaimer: Insbesondere die rechtlichen Informationen beruhen nur auf eigenen Erfahrungen und meinem Kenntnisstand und sind keine verbindlichen Rechtsauskünfte! Bitte bei rechtlichen Fragen im Zweifel immer einen Fachmann kontaktieren!
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