Notruf ohne Sim-Karte anrufen? Geht das überhaupt?

Einen Notruf abzusetzen ist doch auch ohne Sim-Karte möglich? Oder etwa doch nicht? Diese Frage kam schon öfters einmal in kleinerem Kreis auf. Und die Antwort lautet schockierenderweise: Ohne aktive Sim-Karte ist in Deutschland tatsächlich kein Notruf mehr möglich! Das ist schon seit dem 1. Juli 2019 abgeschaltet! Warum?

Damals ging es noch

Früher war dies mal anders und es wird schlimmerweise auch suggeriert, dass es funktionieren könnte. Denn wenn man die Sim-Karte aus dem Smartphone entfernt, wird einem immer noch die Möglichkeit angezeigt den Notruf zu rufen. Im Normalfall sogar vom Sperrbildschirm aus. Somit ist auch mit gesperrter Sim-Karte, z. B. vom Smartphone einer anderen Person, zumindest die Möglichkeit gegeben einen Notruf abzusetzen. Allerdings nur wenn diese eingelegt und aktiviert ist.

Dass es (seit 2009!) nicht mehr möglich ist, ohne eine aktive Sim-Karte einen Notruf abzusetzen, liegt natürlich wie so oft an der Gesellschaft selber. Nämlich an den ganzen Vollidioten die den Notruf anonym ohne Sim-Karte mit Spaßanrufen belagert haben. Dies hat wohl zu hohen Kosten geführt und nicht zuletzt auch dafür, dass der Notruf für tatsächliche Notfälle blockiert war. In einem Artikel, den ich gefunden habe, war sogar die Rede davon, dass sehr oft Käufer eines Gebrauchthandys den Notruf zum Testen des Geräts angerufen haben.

In einem alten Forenbeitrag bestätigt doch tatsächlich jemand dieses Vorgehen und schreibt dort:

Sonst nehm die Sim-Karte einfach raus… Dann funktioniert das mit dem Notrufversuch 100%ig … Jedenfalls hatte ich das bei meinen letzten 3 Handy ausprobiert…

Man muss sich schon fragen, wie jemand so beschränkt sein kann auf eine solche Idee zu kommen und so ein altes Handy zu testen. Stattdessen hätte man auch einfach die eigene funktionstüchtige Sim-Karte kurz einlegen können.

Vertrag ausgelaufen oder Prepaid-Karte lange nicht aufgeladen?

Da es aus den beschriebenen Gründen immer möglich sein soll, die Rufnummer des Anrufers zurückverfolgen zu können, dürfte es auch nicht möglich sein mit einer deaktivierten Sim-Karte einen Notruf abzusetzen. Denn die Rufnummer wird auch nach einem bestimmten Zeitraum neu vergeben wenn die Karte deaktiviert worden ist. Dies konnte ich allerdings nicht genau herausfinden. Ich gehe allerdings davon aus. Wer also eine alte Sim-Karte nutzen möchte sollte die Handy-Nr. einmal selber anrufen um auf Nummer sicher zu gehen ob diese noch aktiv ist. Kommt der Anruf bei einem an, so sollte auch ein ausgehender Notruf möglich sein.

In einigen Foren las ich von der Idee einiger User, ein altes ausrangiertes Handy ohne oder mit einer abgelaufenen Sim-Karte für einen Notruf z. B. im Auto zu deponieren. Dies dürfte einem in beiden Fällen aber rein gar nichts bringen. Stattdessen müsste man auch dieses Handy mit einer aktiven Sim-Karte ausstatten. Hier könnte man eine Prepaid-Karte nutzen. Diese müsste allerdings vor Ablauf von zwölf Monaten immer wieder mit weiterem Geld aufgeladen werden um die Sim-Karte aktiviert zu haben. Eventuell ist aber eine Zweitkarte* für einen bestehenden Vertrag eine Option. Oder man holt sich eine Gratis-Karte, die man im Rahmen mancher Aktion bekommen kann oder wenn man Werbe-SMS akzeptiert.

Den Notruf anzurufen ist zumindest IMMER kostenfrei, also auch möglich wenn sich nur noch ein einziger Cent auf der Sim-Karte befindet! Wäre auch schlimm wenn das nicht so wäre.

Kein Netz, kein Notruf?

Wenn man nun wenigstens eine aktive Sim-Karte hat, sollte es aber auch bei echt miesem oder so gut wie keinem Empfang möglich sein die 110 anzurufen. Oder ist auch das ein Märchen?

Grundsätzlich braucht man natürlich aber wenigstens Empfang in eines der bekannten Mobilfunknetze. Dies muss zum Glück nicht das Netz des eigenen Tarifs bzw. Anbieters sein. Sollte es trotzdem nicht funktionieren, soll es helfen statt der „110“ die „112“ zu wählen.

Da die 112 eine „international geläufigere“ Notrufnummer ist, wird bei dieser Nummer angeblich automatisch das stärkste verfügbare Mobilfunknetz gewählt werden. Das heißt, auch wenn man augenscheinlich keinen Empfang hat, könnte es sein, dass man die 112 trotzdem noch anrufen kann. Die 112 ist als „Euronotruf“ bekannt und ist deshalb in allen europäischen Ländern bzw. zumindest in den Mitgliedsstaaten der EU vertreten.

Warum man dies allerdings in Deutschland nicht auch für die Durchwahl „110“ einfach so realisiert hat, ist mir allerdings ein absolutes Rätsel. Schließlich ist diese Nummer innerhalb Deutschlands für den Polizei-Notruf wohl wesentlich geläufiger. Die paar mal, in denen ich selber die Polizei gerufen habe, habe ich immer direkt die „110“ gewählt. Ich wäre vermutlich nicht auf die Idee gekommen die „112“ nachträglich noch anzurufen, wenn die 110 schon nicht funktioniert hat. Schließlich wird einem hier schon als Kind beigebracht die „110“ für die Polizei zu wählen.

Wer im E-Netz unterwegs ist, ruft am besten wahrscheinlich wirklich sofort die „112“ an. Zumindest meiner Erfahrung nach ist das E-Netz im Vergleich zu den beiden D-Netzen wirklich nicht besonders gut. Das ist hier in der Region am Niederrhein zumindest so.

Ein toller Tipp, den man auf den meisten Seiten liest, wenn man keinen Empfang hat und den Notruf nicht erreicht: Einfach ein paar Meter weiterlaufen und es dann nochmal versuchen… Insbesondere wenn man verletzt auf dem Boden liegt und verblutet ist das ein wirklich bahnbrechender Ratschlag.

Vorabprüfung

Das einzige, was man vielleicht mal machen sollte, wenn man einen Ausflug in eine sehr abgelegene Gegend macht, ist einen Blick in die sogenannte „Funkloch-Karte“ zu werfen:
https://www.breitband-monitor.de/funkloch/karte

Allerdings muss ich zugeben, dass ich diese nicht wirklich verstanden habe. Vermutlich ist die Ermittlung der Daten nicht wirklich zuverlässig. Denn für einen Bereich, in dem wir definitiv schlechten Empfang haben und nur stellenweise gar keinen, zeigt diese nicht einmal 2G an.

Notruf wählen

Ein vielleicht wichtiger Tipp, den ich noch gefunden habe, lautet: Nicht die „112“ direkt selber wählen und anrufen, sondern über die Notruftaste bzw. den Notrufbutton des Handys den Anruf tätigen. Dadurch soll wohl automatisch sofort das stärkste verfügbare Netz ausgewählt werden. Ob das nicht immer der Fall ist wenn man die „112“ selber eintippt konnte ich leider nicht herausfinden.

Alternativ soll es auch möglich sein, nach einem Neustart bzw. Aus- und Wiedereinschalten eines Handys, statt der Pin direkt die „112“ einzugeben und zu kontaktieren. Auf diese Weise soll ebenfalls auf jeden Fall das nächste verfügbare Mobilfunknetz für den Notruf genutzt werden.

Auch interessant: Wie kann ich eigentlich einen Notruf absetzen wenn ich in einer Gefahrensituation nicht sprechen kann? Geht dies per SMS oder E-Mail oder vielleicht sogar WhatsApp? Was machen Gehörlose oder stumme Menschen in einem solchen Fall?! Hier gibt es dazu einen eigenen Artikel!

Tipp

Wenn man auf Nummer sicher gehen will sollte man wohl zumindest einen Netzbetreiber wählen, bei dem man in der Regel eine gute Netzabdeckung hat. Keine Probleme auf dem Dorf habe ich da nur bei der Telekom im D1-Netz und im D2-Netz bei Vodafone. Alle Leute mit o2, die uns besuchen, haben schlechten Empfang und ich selber bin aus diesem Grund auch wieder gewechselt.

Falls du sowieso einen neuen Handyvertrag benötigst oder Dir Dein aktueller Vertrag zu teuer ist kannst du hier* einen günstigen neuen finden und dabei möglichst das beste Netz berücksichtigen.

3G-Abschaltung ein Problem?

Wer jetzt Panik hat, dass die 3G-Abschaltung auch dafür sorgt, dass man keine Möglichkeit mehr hat den Notruf anzurufen wenn kein 4G bzw. LTE verfügbar ist, der braucht sich diese Sorgen nicht machen. Zwar wird die alte Verbindungsmöglichkeit tatsächlich abgeschaltet bzw. ist es sogar schon, aber zumindest laut den Informationen die ich gefunden habe bleibt das noch ältere 2G in Deutschland noch weiter bestehen. Die Benutzerabdeckung mit diesem Netz soll tatsächlich bei mehr als 99% liegen und es soll derzeit kein Plan bei den Anbietern existieren der die Abschaltung von 2G beinhaltet. Allerdings gibt es natürlich die Frage ob man das Netz noch braucht.

Um auf Nummer sicher zu gehen solltest du dir vielleicht ein neues Handy zulegen, falls du nur ein sehr altes Handy nur zum Telefonieren verwendest. Aktuelle günstige Angebote für Smartphones findest du hier*.

Achtung im Urlaub!

Vorsicht ist auch geboten, wenn man ins Ausland reist und dort eventuell in eine Notsituation gerät und den Notruf anrufen muss.

Auch in der Schweiz ist beispielsweise der Notruf ohne aktive Sim-Karte seit langer Zeit nicht mehr möglich. Zusätzlich muss man hier noch darauf achten, dass das alte 2G-Netz teilweise schon abgeschaltet ist! Also nicht nur das durch LTE verdrängte 3G-Netz, sondern wirklich das uralte 2G-Netz. Dadurch sind sehr alte und sehr einfache günstige Handys, die mehr oder weniger nur zum Telefonieren oder als Notfall-Telefon gedacht waren, auch nicht mehr einsatzfähig!

In Österreich hingegen ist es laut den Informationen, die ich gefunden habe, auch heutzutage noch möglich ohne eingelegte Sim-Karte den Notruf über die „112“ anzurufen. Dieser als GSM-Notruf bezeichnete Notruf soll auch in vielen Ländern außerhalb Europas verfügbar sein und funktionieren!

Handy-Verkauf inkl. Sim-Karte?

Bei einem Verkauf des eigenen Handys sollte man übrigens nach Möglichkeit nie eine Sim-Karte einfach so mitverkaufen! Wer z. B. von einem Prepaid-Anbieter wechseln möchte könnte auf die Idee kommen einfach seine bestehende Sim-Karte inkl. des Restguthabens mitzuverkaufen. Dadurch könnte man ein künstlich in die Länge gezogenes Auszahlen des Restbetrages durch den alten Anbieter umgehen. Allerdings führt dies zu einem nicht zu verachtenden Problem.

Falls man das vergessen haben sollte: Seit längerer Zeit ist es zur Betrugsprävention nicht mehr möglich, oder zumindest stark erschwert, Prepaid-Sim-Karten ohne persönliche Registrierung mit Name und Anschrift zu bekommen. Verkauft man nun seine Sim-Karte einfach mit einem Handy zusammen, kann der Erwerber diese durch Guthaben-Aufladung endlos weiterbetreiben. Der Name des neuen Käufers ist allerdings nicht für diese Karte registriert. Sollte er damit irgendeinen Unfug treiben, wie z. B. den Notruf mit Spaßanrufen zu belästigen, fällt dies auf den ursprünglichen Nutzer der Sim-Karte zurück!

Wer den Aufwand betreiben will, kann seinen Mobilfunkanbieter anweisen die hinterlegten Daten der sogenannten „IMSI“-Nummer (International Mobile Subscriber Identity) abändern zu lassen. Eine solche Nummer ist jeder Sim-Karte zugeordnet. Ob dies den Aufwand wert ist um ein geringes Restguthaben nicht auszahlen lassen zu müssen muss jeder selber entscheiden.

Fazit

Ohne eingelegte Sim-Karte und ohne Empfang ist man im Notfall tatsächlich aufgeschmissen! Vielleicht sollten Smartphones in Deutschland auch mit einem entsprechenden Hinweis geliefert werden! Denn viele Leute werden dies vermutlich gar nicht wissen. Genauso wie eine Info bzgl. der zu bevorzugenden „112“ mit Sicherheit sinnvoll wäre… Mir ist dies auch lange Zeit gar nicht bekannt gewesen. Wie so oft im Leben sind es einige wenige Menschen, die Spaßanrufe beim Notruf getätigt haben oder ein Gebrauchthandy so geprüft haben, mal wieder schuld dass alle anderen auf eine wichtige Funktionalität verzichten müssen! Ein Armutszeugnis der Gesellschaft.