Das Pareto-Prinzip oder auch die 80/20-Regel

Oftmals gibt man sich für eigentlich einfache Aufgaben zu viel Mühe und verschwendet zu viel Zeit darauf. Gerade als Perfektionist läuft man Gefahr dadurch sehr viele Ressourcen, vor allen Dingen in Form von Zeit, zu verschwenden. Wenn man mit einfachen Mitteln eine Aufgabe gelöst hat und trotzdem perfektionistisch veranlagt ist und die bereits gelöste Aufgabe optimieren oder durch eine andere Herangehensweise lösen oder verbessern will, dann sollte man sich einmal mit dem Pareto-Prinzip beschäftigen.

 

Was ist das Pareto-Prinzip?

Das Pareto-Prinzip oder auch die 80/20-Regel besagt, dass man u. a. für die letzten 20% eines Projektes oder einer Aufgabe, wodurch man diese zu 100% perfekt erfüllen würde, 80% der Gesamtzeit des Projektes aufwendet! Mit anderen Worten: Wenn man für eine Aufgabe eine Stunde brauchen würde, hat man in der Regel 80% der Aufgabe bereits nach 12 Minuten erledigt. Warum? Vermutlich weil es bei den meisten Aufgaben so ist, dass man, wenn man nicht ins Detail geht, bereits nach kurzer Zeit ein brauchbares Ergebnis vorweisen kann.

Wenn man also eine Stunde braucht um einen Raum komplett auf Vordermann zu bringen, alten Kram auszusortieren, in jeder Ecke zu saugen, alles abzuwischen, etc., so braucht man wenn sich aber spontan Besuch ankündigt nur 10 bis 15 Minuten um den Raum grob auf Vordermann zu bringen, in dem man sich auf die wichtigen Punkte konzentriert, sodass das Ergebnis zumindest optisch dem einer vollwertigen Reinigung gleicht.

 

Wann kann man das Pareto-Prinzip gut einsetzen?

Meiner Meinung nach eignet es sich besonders um „nicht kritische Aufgaben“ fertig zu stellen. In der Schule ist der Klassiker das vorzubereitende Referat. Wenn man dieses gehalten hat, fallen einem meistens noch einige Punkte ein, die man als wichtig erachtet und auch ausgearbeitet hat, aber vor Aufregung dann vergessen hat diese zu erwähnen. Außer einem selber weiß das aber niemand. Dementsprechend fällt es auch gar nicht negativ auf, wenn man einen Teil vergessen hat. Warum also überhaupt versuchen eine zu 100% perfekte Präsentation zu erstellen? In den meisten Fällen reichen 80% wirklich aus und diese sind auch meistens in einem akzeptablen Zeitfenster zu erreichen. Wie schnell hat man den Großteil der Informationen für das Referat zusammen, aber hält sich dann mit den Details auf und fragt sich wie man diese eine Sache bloß erklären soll, die später sowieso niemand mehr weiß?

Allgemein lässt sich das Pareto-Prinzip durch die gesamte Schulzeit hindurch gut verwenden, wenn ich so darüber nachdenke. Oftmals muss man für die beste Note zeitlich gesehen unverhältnismäßig mehr leisten, sodass man sich dies auch sparen kann. Ebenfalls kann man sich dies grundsätzlich sparen, solange es sich nicht um Abschluss-relevante Noten handelt. Oder gibt es irgendeinen Grund in der sechsten Klasse alle Fächer, sofern dies eine überaus hohe Mehrbelastung darstellt, auf die Note 1 zu pushen, wenn man auch in die nächste Klasse versetzt wird, wenn man überall eine 2 hat? Auch wird sich niemand später für irgendeine Klassenarbeit aus der 7. Klasse interessieren, in der man nur eine 3 oder 4 hatte. Da auf der Schule somit nur die letzten Jahre relevant sind um bei potentiellen Ausbildungsbetrieben einen guten Eindruck zu machen, muss man die meiste Leistung wohl in genau diesem Zeitraum erbringen und was vorher war ist eigentlich gar nicht so wichtig, solange man nicht „komplett“ versagt hat. Während meines Abiturs habe ich ab der 12. Klasse nicht ein einziges der Bücher für den Deutsch-Unterricht gelesen und ich hatte eine mündliche Prüfung in dem Fach 😀

Ein Beispiel aus dem Berufsalltag ist das Verfassen von E-Mails innerhalb des Unternehmens. Da die E-Mail nur intern gelesen wird, sollte diese natürlich inhaltlich korrekt und auch den Rechtschreib- und Grammatik-Regeln entsprechen. Aber zwei- oder dreimal braucht man diese nicht detailliert zu kontrollieren und auch nicht so sehr darauf achten alles zu 100% richtig zu machen und diese perfekt zu formulieren, wie bei einer E-Mail, die man an einen Kunden schickt. Es ist halt eine „minderwertige“ Aufgabe, bei der man die absolute Präzision außer Acht lassen kann.

Oder das Bearbeiten eines Fotos, das nachher gar nicht in einer hohen Auflösung benötigt wird. Wozu großartig Mühe geben den Hintergrund perfekt zu retuschieren? Wenn es verkleinert wird sieht es sowieso niemand und selbst wenn. Je nach Zweck macht man sich zu viel Arbeit für nichts.

Oder der Haushalt: Zu 80% aufräumen und sauber machen reicht aus. Jedes kleinste Fuselteilchen zu entfernen ist einfach viel zu anstrengend und lohnt sich aufgrund der kurzen Zeit, in der es danach wirklich sauber bleibt, sowieso nicht. Wie eingangs bereits erwähnt benötigt man für einen optisch „ok“ aussehenden  Raum nur einen Bruchteil der Zeit, die man für eine „klinische“ Reinigung benötigen würde.

Die neue Webseite, die seit einem Jahr fast fertig auf der Festplatte liegt, aber nicht online gestellt wird, weil irgendwelche Zusatzfunktionen die ganz nett wären, aber nicht überlebenswichtig sind, noch fehlen und man diese unbedingt noch einbauen will. Man verschwendet unnötig Zeit und wird die Seite vermutlich nie auf den Server hochladen.

Das Buch, an dem man seit einem Jahr schreibt und das eigentlich fertig ist, bei dem man aber noch immer weiter recherchiert und jedes kleinste Detail beleuchten will und somit für Dinge, die vielleicht gar nicht so bedeutend sind immer mehr Zeit opfert.

 

Wann ist das Pareto-Prinzip nicht angebracht?

Allerdings gibt es auch ganz klar Situationen, Aufgaben und Jobs, bei denen das Pareto-Prinzip absolut unbrauchbar ist. Beispielsweise dann, wenn man bei Boeing an der Software für das MCAS-System arbeitet und sich z. B. das Schreiben einer vernünftigen Anleitung für das System spart… Oder im medizinischen Bereich. Oder in Atomkraftwerken. Dort war mein Großvater vor Ewigkeiten als Techniker im Ausland im Einsatz. Was man da für Geschichten über den Zustand von Atomkraftwerken hört ist abenteuerlich und lässt einen nur den Kopf schütteln. Grundsätzlich ist das Prinzip nicht geeignet für alle Aufgaben von denen irgendwie Menschenleben abhängen. Bei diesen Aufgaben ist eine zu 80% zufrieden stellende Lösung definitiv nicht tragfähig und man muss alleine schon aus Kontrollgründen viel viel mehr Ressourcen „investieren“.

Problematisch kann es natürlich sein, wenn eine Aufgabe, von der man anfangs dachte es sei keine kritische Aufgabe, irgendwann nachträglich dazu wird. Beispielsweise ein Server den man für eine eher unbedeutende Aufgabe aufgesetzt hat, wie die Berechnung irgendwelcher Umsatzzahlen und deren grafische Aufbereitung. Da das ganze anfangs nur Rumgespiele war und nur für ein paar Zwecke benutzt werden sollte, hat man das ganze recht einfach gelöst, sich unnötige Tests gespart und den Server auch nicht besonders geschützt. Plötzlich soll das Ding dann aber unternehmensweit eingesetzt werden, auch vom Internet aus zugänglich sein, weitaus kritischere Daten bereit halten und so weiter und sofort.

 

Fazit

Für unkritische Aufgaben ist das Pareto-Prinzip geeignet und kann einem dabei helfen weniger Zeit mit unwichtigen Kleinigkeiten zu verbringen, für kritische Aufgaben, bei denen ein hundertprozentiges Ergebnis zwingend nötig ist, ist es eher nicht geeignet.

 

Tobias Langner

Tobias Langner

Ich arbeite seit mehreren Jahren als Software-Release-Manager, zuvor als IT-Administrator, bin ausgebildeter Fachinformatiker für Systemintegration und Studium-"Pausierer" an der FernUni Hagen. Achtung: Für die Richtigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen, Skripte, etc. übernehme ich keine Gewähr. Deren Nutzung geschieht ausdrücklich auf eigene Gefahr!

Alle Beiträge ansehen von Tobias Langner →

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert