Notruf per SMS, E-Mail oder WhatsApp? Alternativen zur 110 oder 112

Kann man einen Notruf eigentlich auch als Textnachricht, E-Mail, SMS, in einer App oder vielleicht sogar per WhatsApp absetzen? Diese Frage habe ich mir schon öfter gestellt. Denn in einer Gefahrensituation kann man nicht unbedingt frei sprechen. Immerhin gibt es auch taube und stumme Menschen die auf diese Weise sowieso nicht mit der Polizei kommunizieren können. Was möglich ist und was es im Notfall noch für Alternativen zeige ich dir deshalb in diesem Artikel!

Bereits im Jahr 1996 konnte man im Horrorfilm „Scream“ in einer Szene sehen, wie die Polizei vom Computer aus kontaktiert wurde. Da liegt es nahe zu glauben, dass so etwas im Jahr 2022 auch in Deutschland möglich und gängig sein sollte. Aber wie so oft ist dies natürlich leider nicht der Fall.

 

Notrufmöglichkeit für Gehörlose und Stumme?

Wie geben eigentlich taube und stumme Menschen einen Notruf ab?Die gängige Lösung für Menschen die leider eingeschränkt sind und mit der Polizei nicht telefonieren können ist doch tatsächlich ein sogenanntes „Notfall-Fax“. Das ist leider kein Scherz. Es gibt einen Vordruck mit einigen zu beantwortenden Fragen der an die Polizei bzw. die Notrufnummer „gefaxt“ werden kann. Da Faxgeräte im Privathaushalt berechtigterweise ein antikes Gerät sind und je nach Anbieter das Verschicken von Faxen über den Internetanschluss auch ein Glücksspiel ist, ist dies meiner Meinung nach eine absolute Frechheit und alles andere als zeitgemäß!

 

Notruf per SMS?

SMS als Notruf?Grundsätzlich scheint ein Notruf per SMS möglich zu sein. So habe ich z. B. bei der Polizei Köln eine Anleitung dafür gefunden. Wenn man sich diese Anleitung durchgelesen hat, kommt man allerdings wahrscheinlich zu dem ernüchternden Fazit, dass dies völlig unbrauchbar ist.

Hier gilt mal wieder das Motto: Warum einfach machen, wenn es auch kompliziert geht. Das erste Problem ist die Nummer an welche die SMS zu senden ist. Zumindest bei der Polizei Köln muss als Vorwahl eine 99 und dann eine lokale Nummer eines Faxgeräts genutzt werden.

Richtig gelesen: Eine Faxnummer! Die SMS wird bei der Polizei nämlich als Fax ausgedruckt und dann bearbeitet. Immerhin soll man per SMS auch eine Rückmeldung bekommen ob das Fax angekommen ist oder nicht. Wer mir das nicht glaubt findet hier die Informationen der Polizei Köln: https://koeln.polizei.nrw/artikel/im-notfall-0

Einfach eine SMS an die 110 oder 112 zu senden scheint nicht möglich zu sein und es ist wohl abhängig von der verwendeten Technik in der Leitstelle ob diese eventuell ankommt oder nicht. Verlassen kann man sich darauf also auf gar keinen Fall! Etwas Recherche zu den Gegebenheiten vor Ort kann sich lohnen. In Baden-Württemberg kann man beispielsweise an eine Extra-Nummer eine Notruf-SMS absetzen. Diese wird in jedem Fall von der Leitstelle in Stuttgart bearbeitet (Infos: https://www.fwvbw.de/fileadmin/Downloads/Anlage_2_Anleitung_f%C3%BCr_die_Nothilfe-SMS.pdf)

Ein sehr ernüchterndes Ergebnis, da man sich also nicht darauf verlassen kann eine Notruf-SMS abzusetzen und auch eine Extra-Rufnummer dafür kennen muss. Eine Kampagne die dies den Leuten nahe bringt habe ich glaube ich bisher noch nie gesehen und auch in der Schule habe ich nie etwas dazu gehört.

 

Notruf per App?

Tatsächlich gibt es eine Notruf-App! Bei meiner Recherche stieß ich auf die App „nora“ vom Ministerium des Innern des Landes NRW. Mit dieser kann man tatsächlich einen „stillen“ Notruf absetzen und wird zum Vorfall per Multiple-Choice-Fragen interviewt und es findet auch eine Standortübermittlung statt, zumindest sofern die App die Zugriffsrechte hat.

Diese App ist also eigentlich auch für Gehörlose und stumme Menschen zu empfehlen und sollte meiner Meinung nach anstelle des Notfall-Faxes empfohlen werden. Leider hatte ich davon bisher noch nie etwas gehört!

 

Notruf per E-Mail?

Bei meiner Recherche fand ich nur vereinzelte Infos zum Notruf per E-Mail. Grundsätzlich kann man den Leitstellen auch E-Mails schicken. Dafür muss man aber erst einmal die Mail-Adresse kennen und dann hoffen dass ein Sachbearbeiter die E-Mail auch relativ zeitig zu Gesicht bekommt. Das ist eher keine Option!

 

Notruf per WhatsApp?

Manche Leitstellen können tatsächlich sogar WhatsApp-Nachrichten empfangen! Das soll beispielsweise in Düsseldorf und Brandenburg möglich sein. Hier steht aber leider das TKG (Telekommunikationsgesetz) im Weg. Dieses sieht für SMS und andere Nachrichtendienste keine gesetzliche Grundlage für den Notruf vor. Das heißt die Nutzung von SMS und WhatsApp durch die Leitstelle ist mehr oder weniger eine „rechtliche Grauzone“.

Auch wenn man die Polizei nicht unbedingt per WhatsApp oder einem anderen Text-Messenger erreicht darf man folgende einfache Lösung nicht vergessen. Eventuell fällt einem dies im Notfall aber natürlich nicht sofort ein.

Man kann natürlich auch einfach an Bekannte, Freunde oder Verwandte schreiben und diesen auch sofort den Standort an dem man sich grad befindet mitschicken und darum bitten dass diese sofort den Notruf verständigen sollen.

Am besten schickt man die Nachricht direkt an mehrere Personen von denen man weiß dass diese eine relativ kurze Reaktionsdauer haben und den Großteil ihres Tages am Smartphone verbringen.

 

Notruf per Online-Anzeige?

Es sollte klar sein, aber ich erwähne es hier der Vollständigkeit halber. Eine Online-Anzeige aufzugeben ist in einer akuten Gefahrensituation völlig unzureichend. Diese wird irgendwann bearbeitet und ist nur geeignet um etwas zu melden, das nicht innerhalb weniger Minuten von jemandem gelesen werden muss. Beispielsweise habe ich darüber eine Sachbeschädigung an unserem Auto gemeldet und wurde dann irgendwann wegen Nachfragen zu dem Vorfall von der Polizei angerufen.

 

Tobias Langner

Tobias Langner

Ich arbeite seit mehreren Jahren als Software-Release-Manager, zuvor als IT-Administrator, bin ausgebildeter Fachinformatiker für Systemintegration und Studium-"Pausierer" an der FernUni Hagen. Achtung: Für die Richtigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen, Skripte, etc. übernehme ich keine Gewähr. Deren Nutzung geschieht ausdrücklich auf eigene Gefahr!

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